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Die Gründung Balhaes und der Zug des Da Zuorong (696 - 719)
Wie man sieht, hatte die chinesische
Tang-Dynastie ihre Probleme, das eroberte
Koguryŏ Gebiet besetzt zu halten. Diverse Aufstände der ehemaligen Koguryŏ-Bevölkerung und die Machtambitionen Sillas, ebenfalls die ganze Halbinsel zu erobern, erschwerten die Aufrechterhaltung der chinesischen Militär-Präfektur. Auch schaffte es Silla, den südlichen Teil von Koguryŏ einzunehmen.
Die diversen Malgal-Stämme, die einst Koguryŏ unterstanden, zerstreuten sich nun wieder. Einige andere Malgal-Stämme, die Koguryŏ besonders nahe standen, wurden von den Chinesen mehrmals gemeinsam mit der alten Koguryŏ-Bevölkerung umgesiedelt.
Da ein Teil der Kitan nicht mehr unter der Macht Koguryŏ war, sondern im Zuge der Korea-Feldzüge von den Chinesen unterworfen worden war, nützten die Kitan den Zeitpunkt der rückläufigen Macht der Chinesen in den Nordgebieten um einen Aufstand zu beginnen.
Eigen-Zitat aus den oberen Kapiteln:
Die Kitan und deren Liao-Dynastie (Khitan, Quidan, Kara Kitai)
„Als die Tang-Dynastie ihrem Ende entgegensah, wurden die Aufstände gegen ihre Herrscher immer zahlreicher, und nicht nur die Kitan erhoben sich, sondern auch die Tujue (Türken). Dieser Aufstand ist mit einer der wichtigsten Faktoren für die Entstehung Balhaes, weil China so die besetzten Nordgebiete Koguryŏs durch den Kitan- und Tujue-Aufstand nicht mehr halten konnte und dort ein Machtvakuum entstand.“
Diese Aufstände begannen ungefähr im Jahre 696. Man sieht den Anfang in dem Aufstand des Kitan-Anführers Li Jinzhong. Diese Aufstände beanspruchten China voll und ganz. Das nutzen die Malgal und die Reste des Koguryŏ-Volkes. Hier kam nun „Da Zuorong“ ins Spiel. Er und einer der Malgal-Stammesführer Quisibiyu sammelten diese Scharen (Familien, Aristokraten, Soldaten, Bauern usw., wie bei einer kleinen Völkerwanderung) aus den Resten des Koguryŏ-Reiches um sich und wahrscheinlich darüber hinaus. Sie führten ihre Scharen nach Osten in ein bergiges Gebiet und verschanzten sich dort mit diesen auf dem Berg Dongmoushan (nordöstlich des Changbaishan). Das ist in der Nähe des heutigen
Dunhua. Dieses Gebiet war zusätzlich durch einen Fluss geschützt und so gut wie uneinnehmbar.
Die berühmte chinesische Kaiserin Wuzetian sah natürlich darin die Gefahr eines neuen Koguryŏ, und das zu Recht. Da sie aber mit dem Kitan-Aufstand zu tun hatte, versuchte Sie, Da Zuorong und Quisibiyu mit Belehnung an das Tang-Reich zu binden. Man nahm die Titel zwar an, aber trotzdem unterwarf man sich den Tang keineswegs, denn man war sich ihrer momentanen Schwäche durchaus bewusst und hatte nun die Möglichkeit, sich in Dongmoushan zu festigen.
Plötzlich starb der Anführer des Kitan-Aufstandes Li Jinzhong, aber der Aufstand dauerte an. Im Jahre 700 unterwarf sich letztendlich der Kitan-General Li Kaigu. Li Kaigu wurde nun von den Tang gegen sein eigenes aufständisches Volk geschickt, um sie endgültig zu schlagen. Die Kitan wurden durch Li Kaigu auch vernichtend geschlagen, woraufhin sie sich mit den Tujue (Türken) verbündeten.
Nun da der Aufstand erstmal ein wenig abgeschwächt worden war, wollte Kaiserin Wuzetian der Etablierung eines neuen Reiches durch Da Zuorong und Quisibiyu massiv entgegenwirken. Sie schickte nun den kitanischen General Li Kaigu gegen die neue Macht. Da Zuorong und Quisibiyu zogen sich zunächst mit ihren Scharen zurück, stellten sich aber später dem chinesischen Heer. Dieses wurde von Da Zuorong und Quisibiyu vernichtend geschlagen, und Li Kaigu konnte gerade so sein Leben retten. Dies kann man geschichtlich als die erste große Bewährungsprobe Balhaes sehen. Quisibiyu aber verlor bei der Schlacht mit Li Kaigu sein Leben. Da Zuorong übernahm nun über die siegreichen Scharen die absolute Kontrolle und den Oberbefehl. Er zog sich wieder auf den Berg Dongmoushan zurück, welchen er mit seinen Scharen nach der Flucht vor Li Kaigu verlassen hatte. Von dort rief er im Jahre 698 das Königreich „Zhenguo“ aus und ernannte sich zum König. Der Einfachheit halber bleiben wir jedoch bei der Bezeichnung
Balhae, auch wenn es im Laufe der Geschichte von den Herrschern immer wieder umbenannt worden ist. Die Koreaner nannten dieses Reich seit seiner Gründung Balhae, so wie die Chinesen, Japaner usw. diesem Reich auch durch die Zeit meistens einen konsequenten Namen gegeben haben. Die Reichsgründung kann nicht genau datiert werden. „698 oder etwas später“ soll an dieser Stelle jedoch hinreichend präzise sein.
Ein neues Heer gegen Balhae konnte die Kaiserin Wuzetian nicht aufstellen, da der Aufstand eine neue Dimension erreicht hat. Die Kitan und die Tujue bedrängten China gemeinsam massiv und blockierten den Zugang für einen Angriff auf das junge Reich Balhae, welches sie somit indirekt schützten.
Wer war nun dieser Da Zuorong der sich gegen die Chinesen auflehnte, ein eigenes Königreich ausrief und die größten Reste der Koguryŏ-Bevölkerung unter sich einte? Die chinesischen Geschichtsschreiber sagen auf Grund diverser Quellen, die darauf hinweisen, dass er ein Malgal (Mohe) war, das er ein Chinese sein musste und somit das Reich Balhae auch chinesisch sei. Hier ein Beispiel für diese These aus der
Throneingabe des Choe Ch`iwŏn:
Da Zuorong , Anführer der Sumo-Mohe, die ursprünglich Koguryŏ unterstanden.
Die koreanischen Geschichtsschreiber verweisen nun ebenfalls auf diverse Quellen, die das Gegenteil behaupten, hier z.B. ein Zitat aus dem
Aetas Manjurica 5:
Der Bohai-Mohe Da Zuorong entstammte einer besonderen Art von Koryŏ
Das würde wiederum sagen, dass er sogar ein besonderer des Koguryŏ-Volkes war (z.B. Aristokrat, General usw.) und somit als vorzeitlicher Koreaner gesehen werden kann. Die Mehrheit der Quellen deutet darauf hin, dass er koreanisch war. Interessant ist auch, dass der verstorbene Quisibiyu eindeutig ein Malgal und kein Angehöriger des Koguryŏ-Volks war.
Letzen Endes kann man nicht genau sagen, welcher „Rasse“ Da Zuorong entstammt, was eigentlich auch nicht so wichtig ist, denn alle Quellen sind sich einig, dass Da Zuorong aus Koguryŏ stammte. Ob er nun zum Koguryŏ-Volk gehörte oder ein Malgal war (dessen Stamm in das Reich Koguryŏ eingegliedert wurde), ist nicht wirklich wichtig. Ohnehin sind die heutigen Definitionen von „Chinese“ oder „Koreaner“ für ein Verständnis der damaligen Zeit weitgehend unbrauchbar. Da Zuorong dürfte sich wahrscheinlich einfach als jemand gesehen haben, der dem Koguryŏ-Reich entstammte und vielleicht nicht dem Koguryŏ-Volk. Wahrscheinlich war Da Zuorong ein ehemaliger General Koguryŏs, was auch einige Quellen angeben.
Balhae selber scheint ethnisch gesehen fast eine Reflektion dieser heißen Diskussion unter den Historikern zu sein. Denn Da Zuorong einigte die Malgal und Reste des Koguryŏ-Volkes zu einen Volk: dem Volk Balhaes. So kann man heute nicht sagen, dass das Volk Balhaes chinesisch oder koreanisch war - wenn überhaupt, dann beides. Russen könnten rein theoretisch aufgrund des Malgal-Anteils und wegen der geografischen Lage auch behaupten, dass Balhae zum Teil ein russisches Reich war. Balhae ist meiner Meinung nach ein wichtiger Bestanteil der koreanischen, aber auch der chinesischen Geschichte. Ethnisch gesehen war Balhae also eine Mixtur.
Da Zuorong konnte sein Reich nun als den direkten Erbe Koguryŏ ansehen, da er nicht nur große Teil des Volkes dieses vergangenen Reiches unter sich hatte, sondern sich auch den größten Teil des alten Koguryŏ Landes zu eigen machte.
Da Zuorong versuchte sein neu gegründetes Reich abzusichern, indem er sich im Westen mit den Tujue verbündete. Auch versuchte er sich im Süden abzusichern, indem er sich mit Silla verbünden wollte.
Das mächtige koreanische Reich Silla, welches einer der Erzfeinde Koguryŏs war, sah das (genau wie die Kaiserin Wuzetian) nicht gerade mit Wohlwollen. Sie sahen in Da Zuorongs Reich den direkten Erben zum verhassten Koguryŏ. Silla hegte also nach wie vor einen großen Hass auf die Erben Koguryŏs, obwohl Balhae friedliche Beziehungen zu diesen aufbauen wollte. Silla nennt z.B. aus Schmähung das Reich Koguryŏ nach seinen Fall nur noch „Koryŏ“. Des Weiteren hat Silla stets versucht, seine Stellung gegenüber den chinesischen Dynastien so darzustellen, dass sie über Balhae stehen und auch versucht, Zwietracht zwischen der chinesischen Dynastie und Balhae zu sähen. In den Dokumenten von Silla wird Balhae stets als minderwertig, niederträchtig, skrupellos, aggressiv aber auch als mutig bezeichnet. Silla und Balhae waren erbitterte Feinde. Das lag auch zum größten Teil an den Ambitionen Sillas, die die Absicht hegten, die koreanische Halbinsel allein unter ihre Kontrolle zu bringen. Hier war Balhae natürlich ein Dorn im Auge, genau so wie es damals Koguryŏ war, welches sie unter anderem aus diesem Grund vernichtet haben. Das führte dazu, dass es immer wieder Schlachten und Kriege zwischen Silla und Balhae gab und Silla bis zum Ende wegen Balhae seine Pläne nicht umsetzten konnte, die ganze koreanische Halbinsel zu einen.
China vermied es natürlich im Gegensatz zu Silla, in Balhae den direkten Erbe Koguryŏs zu sehen, da immerhin einige Dynastien an Koguryŏ zu Grunde gegangen sind und man es schließlich mit Mühe und Not nach einer langen Zeit vernichtet hatte. Jetzt zuzugeben, dass man eigentlich noch immer nicht gesiegt hatte, würde kaum tragbar sein und man würde an der überlegenen Stärke Chinas zweifeln müssen. In Wahrheit konnte China das Gebiet Koguryŏs gerade mal zwei Jahre halten, bevor Balhae dort später gegründet wurde. So konnte man also in Balhae kein wiederbelebtes Koguryŏ sehen, denn das wäre eine Schmach für China, aber man war sich natürlich am Hofe über den Ursprungs Balhae voll und ganz bewusst. Balhae selber versuchte, die ganze Situation diplomatisch zu lösen, indem sie Gesandtschaften in das Tang-Reich schickten. Da man wusste, dass sich die Chinesen von Silla im Koguryŏ-Krieg hintergangen fühlten, hoffte man nun, das man von nun an gute Beziehungen zu den Chinesen aufbauen konnte. Dies war auch der Fall, und man wurde dort mit offnen Armen empfangen. Der Kaiser sprach sogar:
Zitat aus dem Aetas Manjurica 5
„Sind es tatsächlich Leute aus Balhae, so versichere man sie unseres Wohlwollens, gebe ihnen Korn und schicke sie wieder zurück in ihre Heimat. Sind es jedoch welche dieses üblen Silla-Gesindels, so werfe man sie allesamt ins Gefängnis“
Da Zuorong schickte sogar seinen eigenen Sohn „Da Menyi“ als politische Geisel an den chinesischen Hof. Im Jahre 718 schickte er einen weiteren Sohn an den Hof als Geisel: „Da Shuyi“. Es wurde so gehalten, dass seit dieser Handlung von Da Zuorong immer ein Sohn Balhaes am Hofe des chinesischen Kaisers war.
Wichtig ist, das sich Balhae selbst immer als direkten Nachfolger Koguryŏs sah, und das zu Recht. Man sah sich aber nie als eine Dynastie an, wie es z.B. die Chinesen, Kitan usw. getan haben, denn dies würde bedeuten, dass man Anspruch auf die Herrschaft als Himmelssohn über alles was unter dem Himmel weilt hat. Da Zuorong wollte wahrscheinlich diese Provokation aussparen und hatte auch nicht die Absicht wie z.B. die Kitan, alle Länder unter den Himmel unter ihrer Macht zu einen. Balhae kann man heute eher als ein Königreich ansehen.
Im Jahre 719 starb Da Zuorong, welcher in vielen Quellen stets als tapfer und waffengewannt hervorgehoben worden ist.
Militärische Expansion Balhaes unter Da Wuji (719 - 737)
Als im Jahre 719 Da Zuorong starb, schickten auch die Chinesen ihre Gesandten zu der Trauerfeier. Unter den vielen anderen offiziellen Gesandten die eintrafen wurde dem neuen König die Macht des jungen Reiches Balhae übergeben - Da Wuji.
Unter Da Wuji wurden z.B. die Beziehungen nach Japan wieder aufgenommen, so wie es damals unter Koguryŏ war. Japan erkannte Balhae auch nun als direkten Nachfolger an und war natürlich im gewissen Maße erfreut, dass es nun wieder einen Gegenpol zum Reich Silla gab, zu dem sie eine lange Feindschaft hegten.
Da Wuji demonstrierte ziemlich schnell seine Unabhängigkeit, indem er militärisch bei seinen Nachbarn hart durchgriff und wenig Rücksicht auf die Bedenken Chinas nahm. So heißt es auch, er
„dehnte sein Herrschaftsgebiet weit aus, so dass alle Yi-Barbaren des Nordosten ihm aus Furcht dienten“
Zitat aus dem Aetas Manjurica 5
So gerieten einige bisher unabhängige Malgal-Stämme unter den Druck von Da Wujis militärischen Expansionen. Die bedrohten Malgal ließen im Jahre 726 sogar Präfekturen Chinas in ihrem Gebiet errichten und erhofften sich so Schutz vor Balhae.
Da Wuji sah darin eine direkte Bedrohung seiner Landesgrenzen durch China. Er fühlte sich durch drei Mächte bedroht: einmal durch das Reich Silla im Süden, die Malgal und nun auch die Tang-Chinesen, die sich mit den Malgal-Stämmen verbündet hatten. Es wurden wieder Erinnerungen an den Untergang Koguryŏs wach.
Da Wuji entsandte nun ein Heer gegen die Malgal-Stämme, die sich mit den Chinesen verbündet hatten. Das Heer wurde von seinem jüngeren Bruder Da Menyi angeführt. Da Wujis Rede zur Begründung dieses Angriffes war folgende:
„Die Heishui(-Malgal) benutzen jetzt unsere Straßen, um mit den Tang in Verbindung zu treten. Zu anderer Zeit als sie den Tutun der Tujue (Türken) einluden, haben sie immer zunächst uns informiert. Heute laden sie einen Tang-Beamten ein und haben es uns nicht mitgeteilt. Dies muß wohl bedeuten, dass sie zusammen mit den Tang planen, uns von vorne und hinten anzugreifen.“
Zitat aus dem Aetas Manjurica 5
Da Menyi war einst eine politische Geisel am chinesischen Hof der Tang gewesen und kannte sehr wohl die Stärke der Chinesen. Er hatte Furcht vor einen offenen Konflikt mit der Tang-Dynastie und wandte sich darum mit folgenden Worten an seinen Bruder:
Wenn die Heishui(-Malgal) einen Beamten einladen und wir greifen sie darum an, so hieße dies, den Tang den Rücken zukehren. Das Reich Tang ist groß. Die Zahl ihrer Soldaten beträgt das zehntausendfache der unserigen. Erregen wir ihren Zorn, so sind wir verloren. Einst, da Koguryŏ in der Blüte seiner Macht stand, besaß es 300000 Soldaten. Es widersetzte sich den Tang, und, waren sie auch tapfer und stark, so hatten doch die Truppen der Tang in einem Augenblick ihr Gebiet völlig leergefegt. Heute nun haben wir nur ein Dritteil der Scharen, die Koguryŏ besaß. Wenn der König sich ihnen widersetzen will, so geht diese nicht an.“
Zitat aus dem Aetas Manjurica 5
Da Wuji verwarf den Rat seines jüngeren Bruders. Als das Herr Balhaes nahe der Grenze war, schickte Da Menyi noch mal ein Schreiben an sein Bruder sich seinen Rat noch mal zu überlegen. Da Wuji war außer sich vor Zorn über seinen jüngeren Bruder. Er befahl, dass sein Bruder wieder zurück zu ihm kommen sollte, mit der Absicht ihn zu töten. Da Menyi flüchtete aber nach China, wo man ihm am Hofe mit offenen Armen empfing. Da Wuji verlangte nun die Auslieferung seines Bruders, aber die Chinesen lehnten das ab und gaben vor, Da Menyi schon ins Exil geschickt zu haben. Da Wuji erfuhr von der Lüge des chinesischen Kaisers. Da Wuji war nun über die Chinesen erzürnt, aber es herrschte kein offner Krieg - eher ein kalter Krieg.
Zehn Jahre später (im neunten Monat des Jahres 732) griff Da Wuji mehrer chinesische Präfekturen mit seiner Seeflotte an. Der Kaiser der Tang schickte nun Da Menyi mit einem chinesischen Heer aus, um den Vormarsch seines eigenen Bruders zu stoppen. Auch schickte er Nachricht an das Reich Silla, die Balhae von der Südseite aus angreifen sollten.
Hier spielte nun abermals das unzugängliche Gebiet Balhaes eine große Rolle und verhalf Da Wuji zum Sieg. Das riesige Heer der Silla, das auf dem Vormarsch war, erreichte nie seinen Feind, sondern blieb im Gebirge zur Grenze Balhaes stecken und erfror.
Auch das Heer unter Da Menyi hatte keinen Erfolg, aber Da Wuji sah nun, dass sein Bruder noch immer lebte und schickte Attentäter, um seinen Bruder zu töten. Da Menyi überlebte, die Attentäter jedoch nicht.
Da Wuji begann sein Reich in dieser Zeit gewaltig auszudehnen und dank Plünderungen seine Macht zu mehren. Da Wujis Truppen drangen tief bis nach
Hebei ein. Die Chinesen mussten praktisch ohnmächtig zusehen, wie unter Da Wuji ein unabhängiges Reich entstand, was man auch nicht mit militärischer Macht einschüchtern konnte.
Man nimmt an, dass der Krieg ungefähr im Jahre 737 ein Ende fand, weil hier diverse chinesische Kriegsgefangene von Balhae zurück nach China gesandt worden sind. Man schloss nun Frieden miteinander und Da Wuji gab zum Ausdruck, dass er wegen des Verrats seines Bruders nicht mehr erzürnt sei, weil die Chinesen in letzter Zeit ihre Fehler eingesehen und sich zum Besseren gewendet hätten.
Da die Tujue (Türken) seit jeher mit Balhae und Da Zuorong eng verbunden waren, wollten die Tujue nun Da Wuji für einen gemeinsamen Kampf gegen die Kitan und die Xi gewinnen. Aber da die Kitan zum größten Teil zu dieser Zeit China unterstanden, wollte er somit nicht den neuen Frieden mit der chinesischen Tang-Dynastie riskieren und lehnte ab.
Unter Da Wuji hatte Balhae mit seinen großen militärischen Expansionen das Land erweitert, das erst unter seinem Nachfolger Da Renxiu (818-830) wieder vergrößert werden sollte. Auch hatte Da Wuji alle Malgal-Stämme, welche sich mit den Chinesen verbündet hatten, unter seine Kontrolle gebracht. Für lange Zeit sollte nun keine Gesandtschaft mehr von den Malgal zu den Chinesen gelangen.
737 starb Da Wuji und man verlieh ihm den Titel „König der Soldaten“.
Kulturelle Blüte Balhaes unter Da Qinmao (737 - 793)
Nach dem Tod seines Vaters bestieg Da Qinmao den Thron, der dank seines Vaters ein starkes und stabiles Reich erbte. Er regierte fast 60 Jahre und starb 793. Da Qinmao war für Balhae einer der wichtigsten Könige, da er die Infrastruktur stärkte und sein Reich zu kultureller Blüte führte.
Da Qinmao ließ in wenigen Jahrzehnten fünf Hauptstädte errichten - eine beachtliche Leistung, die auf die gewaltige wirtschaftliche Kraft Balhaes zu dieser Zeit hindeutet. Ferner ist auch die Lage der Hauptstädte interessant gewesen. Da das Gebiet Balhaes sehr gebirgig war, hat man dies ausgenutzt und die ersten Hauptstädte sehr hoch in den Bergen gebaut. Das machte diese zwar sicher, aber die Versorgung und der Handel waren sehr schwierig. Aus diesem Grund wurde zu jeder Hauptstadt eine zweite Stadt gebaut, die jedoch praktischerweise im Tal gelegen war. Hier blühte dann der Handel und wenn Gefahr bestand, konnte man sich so zu sagen in die erste Hauptstadt in den Bergen zurückziehen. Ein anrückendes Heer hätte erst das ganze Bergland des Feindes durchqueren müssen, um sich Balhae zu stellen. Die Lio- und die Jin-Dynastie übernahmen später das System der fünf Hauptstädte. Der Sitz der Regierung wechselte dabei ständig zwischen diesen Städten.
Die vielen Archäologischen Funde deuten auf eine hohe Kunstfertigkeit und Architektur hin, welche sich damals nicht vor der chinesischen Kultur zu verstecken brauchte. Aber auch die Einflüsse Chinas sind in den Gebäuden und Malereien klar wiederzuerkennen. Spätestens ab diesem Zeitpunkt zählte Balhae zu den Hochkulturen in dieser Region.
Da Qinmao festigte die Beziehungen zu China wieder und bemühte sich ferner, die Beziehung zu Japan zu verstärken.
Zur Zeit von Da Qinmao fand der Aufstand des türkischen Generals An Lushan von 755-757 in Nordost-China statt. An Lushan war wegen seinen Niederlagen gegen die Kitan in Ungnade gefallen und sollte hingerichtet werden. Während dieses Aufstands sollen 36 Millionen Menschen ums Leben gekommen sein. An Lushan hegte mit Silla Pläne, Balhae in die Zange zu nehmen, während China bei Da Qinmao um Hilfe bat, den Aufstand des An Lushan niederzuschlagen. Trotz alledem half Da Qinmao China nicht und behauptete seine Unabhängigkeit in diesem Konflikt. Das ganze beruhigte sich als die Uiguren den Chinesen zur Hilfe kamen und sie gemeinsam mit diesen den Aufstand niederschlagen konnten.
Der Untergang Balhaes , seine Nemesis Abaoji und der letzte Widerstand (926)
Nach Da Qinmao betrat erst wieder 818 ein bedeutender Herrscher die Bühne Balhaes: Da Renxiu. Er unterwarf in 13 Jahren diverse Stämme
nördlich des Meeres (Baikal–See) und vergrößerte das Territorium Balhaes wesentlich. Auch zog er nach Süden um den alten Feind Silla zu vernichten. Unter Da Renxiu mussten sich so gut wie alle Malgal-Stämme, die noch ihre Unabhängigkeit bewahren konnten, Balhae unterwerfen. Man kann sagen, mit Da Renxiu befand sich Balhae auf dem Höhepunkt seiner Macht. Zu dieser Zeit blühte der Buddhismus in Balhae auf, was auch sehr stark auf Japan abfärbte. Seit der Herrschaft Da Renxius galt Balhae als „blühendes Reich östlich des Meeres“, während der Stern Sillas sank. So sollte letzten Endes Balhae auch das Ende der Tang-Dynastie 907 überdauern. Balhae konnte sich in diesen unruhigen Zeiten nur aufgrund seiner militärischen Stärke und inneren Stabilität behaupten.
908 besteigt Da Yinzhuan den Thron Balhaes, aber seine Krönung wird überschattet von dem Aufstieg des ersten Kitan Herrschers Yelü Abaoji der sich 907 zum Kaiser erklärt.
Der Kaiser der Kitan (Khitan oder auch wie auf der Karte als Qidan bekannt) Abaoji hegte Pläne, die späte Tang-Dynastie anzugreifen und somit die Vorherrschaft in Asien zu übernehmen. Bevor er aber gegen die mächtige späte Tang-Dynastie mit seinen Heerscharen ziehen wollte, musste er sich sicher sein, dass ihm bei diesem Feldzug kein anderer Gegner in den Rücken fällt. Wenn er sich also gegen die Tang wenden würde, wäre damit zu rechnen gewesen, dass sich das Reich Balhae gegen ihn wenden würde, da es bei diesem Feldzug praktisch genau in seinem Rücken liegen würde. Überhaupt waren die Malgal schon seit der Zeit Koguryŏ mit den Kitan ständig im Krieg. Also zog Abaoji gegen Balhae und pflegte gleichzeitig zur späten Tang-Dynastie gute Beziehungen, unter anderem indem er ihnen Tributgesandtschaften schickte, damit diese ob seiner Expansionsabsichten und dem Hintergrund des Angriffes auf Balhae keinen Verdacht schöpften. Man begann Balhae also erstmal systematisch zu isolieren, damit es keine Verbündeten erreichen konnte.
Der erste Feldzug im Jahre 924 gegen Balhae scheiterte und die Kitan zogen sich vorübergehend zurück. Abaoji gab aber nicht nach, da er in dem Krieg auch eine alte Erbfeindschaft mit Balhae sah. Es ist auch bekannt, dass er persönlich den Feldzug gegen Balhae anführte. 926 griffen die Kitan erbarmungslos an und eroberten eine Präfektur nach der anderen, besiegten diverse Generäle und richteten diese hin. Abaoji nahm nun mit seiner Armee halt auf die Stadt des Königs von Balhae - Da Yinzhuan. Man umzingelte die Hauptstadt nachdem man kurz zuvor dem Heer von Balhae eine vernichtende Niederlage zugefügt hatte. Am Ende kapitulierte Da Yinzhuan. Somit war das Ende Balhaes innerhalb kürzester Zeit besiegelt.
Ein Land zu erobern und ein Land dauerhaft zu besetzen sind zwei unterschiedliche Herausforderungen. Schon bald begann Da Yinzhuan einen Aufstand gegen die Besatzer zu entfachen. Abaoji ließ daraufhin Da Yinzhuan und die ganze königliche Familie in die Kernländer der Kitan verbannen.
Auf dem Rückmarsch aus Balhae erkrankte Abaoji und starb kurze Zeit darauf im Jahre 926.
„Am Tag Xinsi (6.Sept) beim Morgengrauen erschien über der inneren Stadt ein sich windender gelber Drache, der mochte wohl ein Li Lang gewesen sein. Sein Glänzen blendete das Auge. Der drang in den Reise-Palast des Kaisers ein. Purpurne uns schwarze Rauchschwaden verhüllten den Himmel und lösten sich erst auf, da der Tag vorüber war. An jenem Tag aber starb der Kaiser im Alter von 55 …“
Zitat aus dem Aetas Manjurica 5
Die Kitan zogen einen Teil ihrer Truppen nach dem Tod ihres Führers eilig wieder aus Balhae zurück, beließen jedoch einen Großteil ihrer Truppen in Balhae. Diese haben die Truppen von Balhae, die sich in diversen Städten verschanzt hatten, eingekesselt und schließlich vernichtet.
Nach dem Tod Abaojis versuchte der jüngste Bruder des letzten Königs von Balhae sein Land wieder zurückzuerobern. Er hatte keinen Erfolg. Sein Feldzug gegen die Kitan wurde sogar verfilmt, und zwar im koreanischen Film
Shadowless Sword. Die Kitan tilgten den Namen Balhae aus der Geschichte und nannten das Land von nun an Dongdan. Hier regierte nun der älteste Sohn Abaojis: Yelü Bei, oder auch unter den Namen Tuyu bekannt. Yelü Bei sah, in der Herschafft Balhas, eher eine Verbannung, was auch ein wenig stimmt, denn sein jüngerer Bruder Yelü Deguang übernahm die Macht der Kitan unter dem Schutz seiner Mutter und Kaiserin, während er als älterer Bruder nur über einen Teil des neuen Reich herrschte, was seinen jüngeren Bruder natürlich ebenfalls unterstand. So geschah es, dass Yelü Bei im Jahre 930 nach China (Späte Tang-Dynastie) floh und folgende Nachricht am Meeresstrand auf einer Tafel hinterließ:
„Der kleine Berg unterdrückt den großen Berg. Der große Berg ist gänzlich ohne Kraft. Ich schäme mich, meinen Landsleuten unter die Augen zu treten, der ich in von hier aus ins Ausland fliehe.“
Zitat aus dem Aetas Manjurica 5
Der erste kitanische Herrscher über koreanisches Gebiet wurde am Hofe der Chinesen aufgenommen, aber in den Wirren des Untergangs der späten Tang-Dynastie im Jahre 936 umgebracht. Sein Sohn Wuyu bestieg den Thron im Jahre 947. Es sollte den Kitan jedoch niemals gelingen, das ehemalige Balhae-Gebiet zu beruhigen. Es gab immer wieder Aufstände aus den Reihen der letzten Balhae-Angehörigen. Direkte Erben aus der Blutlinie des Da Zuorong erhoben sich (wie z.B. Da Yanlin). Ein Teil des alten Adels Balhaes gelang es sogar, ein kleines Königreich zu gründen: „Ding`an“. Es war aber nicht von Bedeutung und findet in vielen Quellen nur wenig Beachtung. Die Überreste Balhaes versuchten im Jahre 970 gemeinsam mit den Chinesen die Kitan anzugreifen und den Zorn auf die Kitan zu stillen. Da jedoch die Kitan die Verbindungen zu den letzten Grenzgebieten der Balhaes gekappt hatten, da sie die Grenzgebiete zwischen den Verbündeten unter Kontrolle hatten, schlug auch dieser Plan fehl. Das Gebiet Balhae ging am Ende in diversen Reichen auf. Heute zeugen noch die Ruinen der fünf Hauptsstädte Balhaes, die zu den größten Ostasien gehörten, von der vergangen Existenz dieses Reiches. Durch Balhae wurde die Kultur und Kunst in dieser Region für immer verankert. Vor allem in Korea und der Mandschurei ist die kulturelle Prägung bis heute sichtbar geblieben.
Völker/Gruppierungen-Glossar
Volk |
Beschreibung |
Jurchen |
Vorfahren der Mandschu und Gründer der Jin-Dynastie (1125–1234). |
Karachaniden |
Eine alttürkische islamische Aschina-Sippe die eine lange Zeit über Samarkand herrschte. |
Naimanen |
Turk-mongolisches Mischvolk des Mittelalters. Steppenvolk was vor Dschingis Khan große Teile der Mongolei beherrschte. Nachfahren: Kasachen und Kirgisen. |
Nestorianer |
Anhänger der Lehre des Nestorius, Christliche Glaubensrichtung. |
Seldschuken |
Muslimische Fürstendynastie turkmenischer Abstammung |
Tujue |
Nomadische Turkstämme in Asien (Göktürken) |
Uiguren |
Einer der ältesten Turkvölker, Erstes Turkvolk was Städte errichtete. |
Xi |
Nomaden aus der Mongolei die später von den Jurchen und Chinesen assimiliert wurden. |
Xianbei |
Nomadisches Reitervolk was mehrmals die chinesische Mauer angriff. |
Xixia |
Westliche Xia, Name einer Dynastie nach chinesischem Vorbild, nämlich der Tanguten in Nordtibet, Sinkiang und West-China. Möglicherweise gehörte das Königshaus zu einem Stamm der Xianbei. (Beschreibung von Johannes Reckel) |
Quellen
Bücher:
- Bohai: Geschichte und Kultur eines mandschurisch-koreanischen Königreiches der Tang-Zeit
- Samguk Yusa (deutsche Ausgabe)
- Kleine Geschichte Koreas
Internet-Seiten:
- geschichtsforum.de
- chinaknowledge.de
Kartenmatrial:
- artsmia.org
- encarta.msn.com
- wikimedia
- mykoguryo.com
- britannica.com
- chinaknowledge.de
- geocities.com
- numismondo.com
- paulnoll.com
- maps.google.com
- content.answers.com
- orexca.com
- balhaekorea.com
Bilder:
- picasaweb
- english.triptokorea.com
- gochinatravel.com
- wikimedia
Danksagung:
Ich möchte hier nochmal meinen Dank den Mitgliedern von
geschichtsforum.de und besonders dem Autor des Buches "Aetas Manjurica 5", Johannes Reckel, aussprechen. Ohne diese Unterstützung wäre dieser Bericht nie zustande gekommen. Auch meinem Freund Daniel Ebert für seine Geduld, diesen Text als Außenstehender professionell zu prüfen, danke ich.
- Rami Al-Lahham, Januar 2008 -