Im Jahre 2009 unternahm ich meine dritte
Koreareise und reiste zum ersten Mal tief in das Landesinnere, so dass es mich auch nach Andong verschlug, der Heimat des koreanischen Konfuzianismus. So stieß ich beim Stöbern im Internet auch auf dieses kleine Independent-Drama, welches zum größten Teil in Andong spielt. Als ich dann noch sah, dass die schöne Yun So-Yi, die mir aus
Arahan und
Shadowless Sword bekannt war, einer der Hauptrollen in den Film spielt, war mein Interesse geweckt und ich bestellte mir diesen Film. Vor allem interessierte mich auch, wie sich die schöne Yun So-Yi in so einem kleinen Independent-Filmchen machen würde, denn in ihren wenigen Filmen in den sie bisher aufgetreten ist, war Schauspielkunst eher zweitrangig, denn diese waren eher großangelegte Kommerzprojekte, in denen es mehr auf Effekte ankam als auf gute Schauspielerei.
„Try to Remember“ ist dann auch wie erwartet kein großer Film, sondern ein kleines, schönes und unspektakuläres Independent-Drama, was scheinbar den typischen koreanischen melodramatischen Konventionen folgt und um die Liebe zu einer totkranken Frau handelt, aber hier weiß der Debüt-Regisseur Im Jin-Pyeong angenehm zu überraschen, mehr sei hier nicht verraten. Der ganze Film bringt ein wenig Kitsch und Klischees mit sich, die einem alle als Koreafilmfan bekannt sind, aber durch die unprätentiöse und sehr ruhige Herangehensweise wie Regisseur Im Jin-Pyeong seine Geschichte erzählt, stört das kaum, denn kaum irgendwas wirkt aufdringlich im Film, sondern ganz im Gegenteil.
Diese Ruhe geht auch von den Bildern des Filmes aus. Die Bilder im Film sind stets sehr klar und vor allem kühl gehalten. Dies verleiht den Film dann auch eine etwas distanzierte und kühle Atmosphäre, die vielleicht nicht allzu involvierend auf den Zuschauer wirkt, aber „Try to Remember“ niemals manipulativ erscheinen lässt. Was der Cinematographie aber vorzüglich gelingt, ist es die Schönheit von Yun So-Yi gezielt einzufangen und zu fokussieren, so dass man sehr wohl merkt, dass Regisseur Im Jin-Pyeong auf diese Stärke in seinen Film baut. Und ja, man muss sagen, auch wenn es manchmal offensichtlich ist, die Rechnung geht zum größten Teil auf. Aber auch sonst überzeugt die Cinematographie durch ihren hohen Grad an Professionalität, die in ihren sehr klar gefassten Bildern münden, aber hier und da hätte den Bildern gewiss ein bisschen mehr Wärme und Dynamik nicht geschadet. Auch hätte man aus dem räumlichen Szenario Andong weitaus mehr herausholen können, denn wirklich viel sieht man von Andong nicht, was sehr schade ist, da Andong doch einiges zu bieten hat.
Da „Try to Remember“ höchstwahrscheinlich ein Film ist, der ohne großes Budget auskommen muss, baut dieser hauptsächlich auf seine Darsteller und wie schon mehrfach erwähnt insbesondere auf seine hübsche Hauptdarstellerin Yun So-Yi. Aber sieht Yun So-Yi nur hübsch aus oder kann sie auch schauspielern? Eine schwierige Frage. Auf jeden Fall bietet sie mehr Schauspiel als in all ihren bisherigen Filmen, aber sie hebt sich nicht großartig ab von der 0815-Rolle der attraktiven, totkranken Geliebten ab, die man bisher sehr oft gesehen hat. Yun So-Yi Spiel ist keineswegs schlecht. Nein, sie meistert ihre Rolle durchaus souverän und sehr sympathisch, aber das Gewisse etwas scheint immer zu fehlen. Genau dasselbe betrifft auch den männlichen Hauptdarsteller Park Jae-Jung, der bei der Damenwelt gewiss so einige Herzen höher schlagen lässt. Alles was ich über Yun So-Yi geschrieben hab wird wahrscheinlich eine Frau so ähnlich bei Park Jae-Jung empfinden. Abgesehen vom attraktiven Äußeren trifft diese Beschreibung der schauspielerischen Leistung auch auf die Nebendarsteller im Film zu, so dass man insgesamt von einem doch recht guten Eindruck sprechen kann, auch wenn ein etwas nuanciertes Schauspiel bei allen Schauspielern gut getan hätte.
Am Ende bleibt ein kleiner netter Film zurück mit zwei überaus attraktiven Hauptdarstellern und einer einwandfreien handwerklichen Inszenierung, aber auch ein Film, dem es manchmal einfach ein wenig an dem gewissen Etwas oder dem großen Charme fehlt. Ich persönlich bin auch für solche kleinen netten unspektakulären Filme dankbar. So bleibt „Try to Remember“ auf jeden Fall sehenswert, weil solche Filme genau das Richtige nach einem harten und verregneten Arbeitstag sind, denn der Film entspannt und es kann ja nicht immer der große Wurf sein. Aber man sollte sich dennoch im Klaren sein, dass der Film hauptsächlich dienlich ist, die Schönheit von Yun So-Yi zu zelebrieren, diese ist dann aber auch wiederum ein Genuss und ihre Zeit wert, so dass es sich schon wieder lohnt…