„More Than Blue“ war ein Mitbringsel von meiner
Koreareise 2009 und somit eigentlich ein ziemlich aktueller Film, aber trotzdem lag diese DVD recht lange bei mir rum, bis ich in der richtigen Stimmung war ihn zu sehen. Warum? Die Intension des Filmes war stets klar, er wollte einen rühren – zum weinen bringen und dafür war ich einfach in der letzten Zeit zu gut gelaunt, aber nach vier Wochen Regen im Mai 2010 setzte irgendwann eine angenehme Melancholie bei mir ein und da kam mir der Film gerade recht.
Ich griff damals zu „More Than Blue“ weil zweier meiner Lieblingsschauspieler in diesen Film spielten – der stets jugendliche Kwon Sang-Woo und der Komödiant Lee Beom-Su. Interessant ist aber auch der Regisseur dieses Filmes, der mit „More Than Blue“ sein Debüt als Regisseur feiert. Regisseur Won Tae-Yeon war in den neunziger Jahren ein beliebter und berühmter Dichter Koreas und wurde später aufgrund seiner Poesie als ein Alchemist der Sprache angesehen, da er in ihr wunderbar die Liebe verweben konnte. Ob ihm das mit dem Medium Film genau so gelingen sollte war fraglich.
„More Than Blue“ ist für ein Debüt Werk beachtlich und ich denke Regisseur und Dichter Won Tae-Yeon ist da durchaus ein traurig schöner Film gelungen, wenn auch nicht ohne Schwächen. Der Film ist sehr ruhig und gemächlich gestaltet, vor allem da er sich hauptsächlich auf die Qualitäten des Drehbuches verlässt und weitest gehend auf eine großartige Inszenierung, einen starken Fokus auf die Schauspieler oder gar einen starken Spannungsbogen inklusive großen Ereignissen verzichtet. Das Drehbuch ist dann auch nicht schlecht und erzählt uns eine recht melancholische, liebevolle sowie traurige Geschichte, die angereichert ist mit einigen schönen Dialogen. Dennoch zieht sich der Film am Anfang oft und weist somit Längen auf, vor allem da den Dialogen manchmal einwenig begleitende Komponenten fehlen, denn sie stehen hier im Medium Film manchmal etwas alleine da und wirken dank einer rustikalen Inszenierung nicht ganz so stark wie es sich wahrscheinlich Regisseur Won Tae-Yeon gewünscht hätte. Am Anfang macht uns der Film gleich klar das kein Happy End zu erwarten ist und wohin er führt, so dass eine stete Traurigkeit vorhanden ist, aber draus resultiert auch eine leichte Gradlinigkeit, was „More Than Blue“ eben einwenig zäh macht. Gegen Ende hin aber wechselt Regisseur Won Tae-Yeon die Sicht der Dinge, was für den Zuschauer einen unerwarteten Einblick in den bekannten Handlungsverlauf mit sich bringt, welcher dann aus der völlig neuen Perspektive doch einige Überraschungen bereithält – die einen spätestens dann zutiefst rühren dürften. Dieser Kniff wertet den Film ungemein auf, vor allem da es Regisseur Won Tae-Yeon gelungen ist zu zeigen wie kompliziert Gefühle und stark Bindungen zwischen Menschen sein können, die sich sehr nahe stehen.
Das Drehbuch des Filmes mag so seine Schwächen haben, die hauptsächlich in der anfänglich unspektakulären Erzählweise liegen, aber am Ende bügelt es sie gekonnt aus und wirkt insgesamt dann doch recht gelungen. Eine bessere Inszenierung hätte den Film aber dennoch nicht geschadet, denn sie hätte die alleinige Last des Drehbuches aufgehoben und dessen Schwächen gut ergänzen können, aber die Cinematographie wirkt weitestgehend eher rustikal. Die Bilder sind oft einwenig kalt und steril, was nicht immer ganz zu der Geschichte passt, aber hier und da ganz gut die Jahreszeit des Filmes einfängt – denn der Film scheint im Winter zu spielen. So wirkt alles einwenig frostig, was „More Than Blue“ doch einwenig kuschelig macht, da alle Figuren sich in dicke Kleider packen und es oft regnet oder manchmal auch schneit. Die Musik wiederum ist sehr gut, auch wenn sie nur unterschwellig vorhanden ist, schafft diese Atmosphäre, weit mehr als die Bilder im Film es vermögen. Meiner Meinung nach hätte man den Score ruhig großzügiger einsetzen können, aber ich denke Regisseur Won Tae-Yeon wollte all zu großen Kitsch vermeiden. Darin liegt dann auch eine Stärke des Filmes, weil es Regisseur Won Tae-Yeon gelingt, eine schöne sowie traurige Geschichte zu erzählen, die uns rührt, ohne dabei in hoffnungslosen Kitsch zu versinken, wie es bei vielen anderen Filmen solcher Art der Fall ist.
Die Schauspieler im Film leisten dann auch ihren Beitrag um die Intension der Geschichte zur Geltung zu bringen. Obwohl der Film einige wirklich gute Schauspieler vor zu weisen hat setzt Regisseur Won Tae-Yeon nicht unbedingt auf ihr Können, aber dennoch machen diese ihre Sache sehr gut, auch wenn man merkt das sie mit viel Zurückhaltung spielen müssen. Den Komödianten Lee Beom-Su sehe ich hier persönlich zum ersten Mal in einer ernsten Rolle. Ganz richtig mag er in diese nicht passen, denn er wirkt stets einwenig farblos und nichts sagend, da wirken die meisten Nebendarsteller wesentlich mehr als er, welche alle recht gut spielen. Kwon Sang-Woo Rolle als Krebskranker, ist durchsetzt von Traurigkeit und so ist sein Spiel auch stets voller Niedergeschlagenheit, was seine schauspielerische Stärke dämpft, so dass man sein energiegeladenes Spiel und sein vereinnahmendes Lachen weitestgehend vermisst. Dennoch macht Kwon Sang-Woo seine Sache gut und man fühlt mit ihn mit, aber er wirkt oft einwenig unterfordert. Die Schauspielerin Lee Bo-Young kommt von allen drei Hauptdarstellern am besten weg, denn ihre Rolle verlangt etwas mehr Leben und Leidenschaft, was sie dann auch gekonnt und charmant rüber bringt. Lee Bo-Young füllt somit den Film mit einwenig Energie, welche er nötig hat und macht „More Than Blue“ einwenig runder.
„More Than Blue“ mag vielleicht wie gesagt etwas rustikal in seiner Gestaltung wirken, aber ist letzten Endes doch ein herzerwärmendes und gelungenes Liebesdrama. Ich würde sogar soweit gehen und sagen das Regisseur Won Tae-Yeon mit seinen Debüt Film einer der besten Liebesdramen aus dem Jahre 2009 gelungen ist. Ich mag zwar keine Tränen bei diesem Film gelassen haben, aber „More Than Blue“ hat mich doch stets sanft gerührt, das mag auch an seiner etwas seichten, aber immer vorhandenen Poesie gelegen haben. Kurzum „More Than Blue“ ist ein wahrlich gelungenes Melodrama, trotz Schwächen und absolut empfehlenswert.