Im Jahre 2015 bescherte uns Regisseur Yu Ha(a) einen von vielen weiteren koreanischen Gangsterfilmen – „Gangnam Blues“, und dennoch ließ das die Filmfans und Kenner aufhorchen, auch ich, denn es war schließlich Yu Ha(a) der im Jahre 2006 schoneimal mit
A Dirty Carnival einer der besten Genrebeiträge ablieferte. Mit „Gangnam Blues“ beweist er auf ein Neues das er wie niemand anderes dieses Genre zu beherrschen weis und das Gangsterfilme zum koreanischen Kino einfach dazugehören und wohl so schnell nicht aussterben werden, was bei solchen formidablen Beiträgen wie „Gangnam Blues“ auch wünschenswert ist.
Interessant ist auch das Retro-Szenario des Filmes, welches in den siebziger Jahren Koreas spielt, ein Korea welches versucht das Trauma des Koreakrieges endgültig hinter sich zu lassen. Hier war das Gangman Distrikt Projekt für die Politiker jener Zeit einer der wichtigsten und prestigeträchtigsten Angelegenheiten überhaupt. Heute ist der Gangman Bezirk einer der teuersten Wohnviertel Seouls, damals war es größtenteils landwirtschaftliches Land, bewohnt von ein paar Bauern und verarmter Bevölkerung, welche gewaltsam von den Politikern vertrieben wurden, mithilfe von Gangstern, welche wie im Film oft Weisenkinder des Koreakrieges waren.
Yu Ha(a) erzählt seine klassische Gangstergeschichte mit viel koreanischen Herzblut, was den Film seine Substanz verleiht. Der Bauboom der siebziger Jahre, für die das Projekt Gangman symbolisch war, wird hier mehr als kritisch beleuchtet. Yu Ha(a) zeigt einmal mehr die machtgierige und skrupellose Politik jener Zeit und welchen Preis Korea für seinen aktuellen Wohlstand zahlen musste. Es wird wunderbar dargestellt wie in dieser Zeit, die vielen gemarterten Seelen der Armut mit allen Mitteln an der Aufbruchsstimmung teilhaben wollen – koste es was es wolle.
All das wird in starken, farbenprächtigen und stimmungsvollen Bildern erzählt und bei prägenden Szenen wird das von Musik aus jener Zeit untermal, wie z.B. der philippinische Musik Hit von Freddie Aguilar – „Anak“. Spätestens wenn unsere blutdurchtränkten Protagonisten, durch die passend und stimmungsvollen arrangierten Bilder ihrem blutigen Handwerk zur Musik von Freddie Aguilar nachgehen, ist es um den Zuschauer geschehen. Diese Momente sind so involvierend und gut in Szene gesetzt worden, dass sie schon fast Kultpotenzial haben, aber da es nur ein paar Schlüsselszenen sind, machen sie nicht den ganzen Film aus.
Die restliche Laufzeit hält uns Yu Ha(a) mit gut erzählten Intrigen und Machtkämpfen am Bildschirm gefesselt. Hier ist es den guten Darstellern zu verdanken, die das Hauptgeschehen durch ihr gutes und emotionales Schauspiel sehr fesselnd gestalten. Aber es ist insbesondere das Hauptdarsteller Paar Kim Rae-Won und Lee Min-Ho(a), welches die beiden aufstrebenden Waisen in der Gangsterwelt darstellt, die absolut überzeugen.
Was soll ich noch weiter sagen, „Gangnam Blues“ ist ein grundsolides Werk, welches durch gute Schauspieler, einer tollen Inszenierung, einer guten Erzählung, üppig ausgestatten Bildern und einigen denkwürdigen Szenen zu überzeugen weiß. Für Genreliebhaber ist dieser Streifen ein Muss. Dennoch sei hier der unvoreingenommene Zuschauer aufgrund der expliziten Gewaltdarstellung gewarnt, die für Regisseur Yu Ha(a) typisch ist, diese ist hier reichlich vorhanden, verleiht den Film aber auch seine rohe und ungeschliffene Energie und gehört zum nun mal „brutalen“ Gesamtwerk von Yu Ha(a) dazu.