Im Jahre 2006 brach über das koreanische Kino ein schiere Welle von Gangsterfilmen herein, darunter auch das Werk von Regisseur Yu Ha(a) – „A Dirty Carnival“. Fast keiner dieser Filme war wirklich schlecht, alle hatten sie ihre eigene Note, waren sehr professionell inszeniert und dennoch stachen von diesen vielen Filmen nur zwei wirklich aus der Masse heraus – das war zum einen
Sunflower und eben „A Dirty Carnival“, denn Regisseur Yu Ha(a) hat es in meinen Augen geschafft in diesen schwer umkämpften Genre einen Klassiker zu schaffen, wenn nicht sogar eine adäquate Referenz für die koreanische Filmindustrie, die locker auf einer Augenhöhe mit Klassikern aus Hongkong wie z.B. „Infernal Affairs“ steht.
Das interessante ist auch der anfängliche Subplot der später zum Hauptplot mutiert – nämlich der um einen Regisseur welcher versucht endlich einen realistischen Gangsterfilm in Korea zu drehen. Dieser Seitenhieb auf die anderen Genrevertreter ist offensichtlich und zugleich eine gewagte Herausforderung von Regisseurs Yu Ha(a), aber seine selbstbewusste Anspielung ist gerechtfertigt, weil genau das hebt „A Dirty Carnival“ von seinen Genrekollegen ab, denn er wirkt in der Tat authentischer, so dass der Film einen zum ersten mal wirklich das Gefühl gibt das organisierte Verbrechen Koreas annährend real darzustellen.
Hinzu kommt das der Film trotz seiner Überlänge von 133 Minuten überaus spannend ist und bis zu Letzt fesselt – wie es eben ein Meisterwerk à la „Infernal Affairs“ geschafft hat. Das liegt daran das Regisseurs Yu Ha(a) vor uns ein Gangsterepos über Verrat und Loyalität von feinsten ausbreitet, welches ein wenig wie die koreanische Version von „Der Pate“ und „Scarface“ anmutet. Auch präsentiert uns Regisseur Yu Ha(a) wunderbar die Hierarchie der koreanischen Mafia – sprich der harte Kampf um die Macht in dieser Organisation mit all seinen Nebenaspekten von diversen territorialen Kämpfen mit feindlichen kriminellen Organisationen bis hin zum Aspekt des ewigen Fressen und Gefressen werden – so wirkt „A Dirty Carnival“ im Gegensatz zu seinen Genrevertretern aus Korea vor allen etwas vielschichtiger und komplexer, ohne dabei jemals unübersichtlich zu werden. Das geht alles gut auf weil viele Elemente in diesen Film stecken, welche Regisseurs Yu Ha(a) sehr gut ausgearbeitet hat und niemals aus den Augen verliert, dazu gesellt sich eine hochroutinierte Inszenierung die man auch von den anderen koreanischen Genrevertretern gewohnt ist und was dann noch das Ganze mehr als nur abrundet ist der potente Cast des Filmes.
Was den Cast betrifft, wäre es unfair hier nur den Hauptdarsteller Jo In-Sung hervorzuheben, welcher zwar sehr gut und voller Elan spielt, aber alle anderen Darsteller von kleinen Nebendarsteller bis zu den vielen anderen Hauptrollen spielen mindestens ebenso gut und gestalten „A Dirty Carnival“ sehr facettenreich. Die Figuren sind alle samt sehr klassisch charakterisiert worden, wie man sie aus den großen Vorbildern diverser anderer Gangsterfilme kennt, aber sie wurden gut und professionell charakterisiert, so dass man merkt das sich Regisseur Yu Ha(a) sehr intensiv mit diesen Genre auseinander gesetzt hat. Diese gute Vorarbeit macht es dann den Schauspielern natürlich leichter ihre Rollen mit Bravour zu meistern, vor allem da sie eben recht klassisch sind. Das Drehbuch kommt dann z.B. den Hauptdarsteller Jo In-Sung soweit zugute das er hier in meinen Augen seine beste schauspielerische Leistung in seiner Karriere abgibt. Natürlich ist es nicht nur das Drehbuch, er passt auch sehr gut in dieser Rolle, spielt seine Figur sehr stark und scheint sich unglaublich gut mit seiner Figur identifiziert zu haben, besser als es eben in seinen anderen Filmen der Fall war – und das wirkt natürlich auf den Zuschauer immer sehr positiv. Weiter sind noch die beiden Darsteller Jin Gu(a), welcher die rechte Hand von Jo In-Sung spielt, und Cheon Ho-Jin, welcher die Rolle des oberen Paten spielt, hervorzuheben. Jin Gu(a) spielt den überaus gefährlichen, kompetenten und eben manchmal den verdächtig zu kompetenten zweiten Mann in der Gangstergruppe, rund um Jo In-Sung, so gut das er obwohl er nur die zweite Nummer im Bunde ist stets dezent die wachsame Aufmerksamkeit des Zuschauers auf sich zieht. Cheon Ho-Jin, der als Mann der über all den kleinen Gangstern fungiert und herrscht, wirkt in seinen Auftreten überaus klassisch, sprich elegant, unantastbar, skrupellos kurzum wie die perfekte Verkörperung von der koreanischen Version des „Paten“.
Von seiner Bildgestaltung her, gibt sich der Film wie schon erwähnt typisch koreanisch routiniert und steht seinen Genrevertretern in nichts nach, aber überflügelt sie in diesen Bereich auch nicht wirklich, außer vielleicht in seinen Kampfszenen, denn diese wirken sehr übersichtlich und gut gemacht, so dass man selbst bei einer furiosen Massenprügelei im Film stets alles im Blick hat. Die Kampfszenen wirken typisch koreanisch sehr hart und gewaltvoll, was zum Film passt.
Es sei noch erwähnt, dass ein koreatypischer Romantik Part in diesen Film vorhanden ist, der aber angenehmerweise niemals überhand nimmt und sogar wohltuend im Hintergrund bleibt, so dass er mit den Rest der Handlung wunderbar verschmilzt.
Wer sich also für einen koreanischen Gangsterfilm interessiert, dessen Wahl sollte auf erstes auf „A Dirty Carnival“ fallen, denn besseres wird man so schnell nicht finden. „A Dirty Carnival“ ist vor allem eins – mehr als einfach nur Durchschnittlich, er ist sehr gut und er ist nicht nur ein Gangsterfilm sondern eher ein groß angelegtes Epos und so ist es auch kein Zufall das er neben „Sunflower“ aus dem Jahre 2006 der beste Film in diesen Bereich ist, denn „Sunflower“ ist genau das Gegenteil, er ist kein Epos, sondern eher ein kleiner wunderbarer menschlicher Film, der eher wie ein Sozialdrama anmutete – die anderen Genrevertreter waren eben weder das eine noch das andere, oder wussten im schlimmsten Fall gar nicht wohin sie wollten, wahren weder Klein noch Groß, oder wollten Groß bzw. Klein sein und scheiterten aber dann an ihrer eigenen Messlatte. Wie auch immer „A Dirty Carnival“ und „Sunflower“ sind zwei sehr verschiedene Filme aus demselben Jahr und Genre, aber zwei Filme die fesseln und packen.