Ende des 16 Jahrhunderts startete das geeinte Japan unter Toyotomi Hideyoshis erstmals eine großangelegte Invasion auf Korea und griff zum ersten Mal das westliche Festland an, mit der klaren Intension zu erobern und nicht wie bisher nur zu plündern. Diese erste Invasion konnte von Korea erfolgreich abgewehrt werden, dank heldenhaften Widerstandes. Aus jener Zeit ging somit einer der berühmtesten historischen Helden der koreanischen Geschichte hervor - Admiral Yi Sun Shin, welcher den Japanern zu See mit seinen berühmten Schildkrötenschiffen die Stirn geboten hatte. Admiral Yi Sun Shin findet man heute in Korea überall wieder, auf Postkarten, Plakaten und eben als riesige Statue in der Stadtmitte von Seoul – Kurz der Stoff von „Roaring Currents“ ist alles andere als banal, die Erwartungen an solch einen Film sind gigantisch und man will schon fast sagen von vornerein zum Scheitern verurteilt, darum ging ich mit relativ wenig Erwartungen an dieses Werk heran. Es ist so oder so immer schon eine gewaltige Herausforderung große historische Figuren zu verfilmen. Man erinnere sich hier z.B an die westliche Verfilmungen von „Alexander den Großen“ von Oliver Stone .
Aber es gab da z.B. auch durchaus glanzvolle Verfilmungen, siehe „The Liberator“, eine Verfilmung von den großen Befreier, Volkshelden und Mythos Simón Bolívar. Es ist also machbar das auch ein Admiral Yi Sun Shin medial gut umgesetzt werden kann, trotz seiner Größe und Gewichtigkeit.
Wer mehr zur Geschichte der Ersten japanischen Invasion lesen will, kann hierzu gerne meinen alten Geschichtsbericht lesen
Link.
Nun aber zum Film an sich.
Admiral Yi Sun Shin wird von niemand geringeren als Choi Min-Sik verkörpert, der sozusagen selber der Großadmiral unter den koreanischen Schauspielern ist. Und als Regisseur übernimmt Kim Han-Min das Ruder, der schon einmal sein Können mit historischem Stoff, in
„War of the Arrows“, bewiesen hat. Des Weiteren zog der Film weit über 17 Millionen Besucher, im Jahre 2014, in das koreanische Kino, und war somit der südkoreanische Kinohit Nummer 1 im Jahre 2014.
„Roaring Currents“ ist meinen Augen aber kein richtiger Film, sondern eher die Visualisierung der mittelalterlichen Seeschlacht von 1597. Die knappe erste Stunde dient dabei nur als Einführung, Erklärung, Überblick der Situation und zum Vorstellen der verschiedenen historischen Figuren und Parteien. Das bedeutet dass fast über eine Stunde des Filmes die Seeschlacht am Stück ausmacht. Diese ist grandios inszeniert. Schiffe, Soldaten, Waffen und vieles mehr wirken sehr stimmig. Einzig die japanischen Invasoren wirken stellenweise ein wenig überzogen. Das betrifft aber nur die führende Kada der Japaner, denn diese wirken teilweise wie aus einen Fantasie Comic entsprungen. Das Fußvolk wirkt dagegen authentisch mit samt seinen Schiffen. Die Schiffschlachten die das Herzstück des Filmes ausmachen besitzen eine herausragende Cinematographie, die wahrscheinlich bis dato das non plus Ultra in mittelalterlichen Seeschlachten sein dürfte. Auch die herkömmliche Kampf-Cinematographie, also Schwertkämpfe, Bogenschießen usw. sind weit über den Durchschnitt. Egal wie stark das Schlachtengewirr ist, man behält als Zuschauer stets den Überblick. Hier und da gibt es auch einige ästhetisierte Kampfszenen, die durchaus gelungen sind. Was ich sehr bedauerlich fand ist das das legendäre Schildkrötenschiff in seiner letzten Ausbaustufe und technischer Überlegenheit leider kaum zu sehen ist. Dieses sieht man nur teilweise am Ende. Gerade bei einem Film mit Admiral Yi Sun Shin hätte man das eigentlich erwartet, vor allem dann wenn der Film sich wie hier wirklich fast nur um die Seeschlachten dreht.
Für den westlichen Zuschauer mag der koreanische Kampf gegen die japanische Übermacht unglaubwürdig wirken, aber im Gegensatz zu der unsinnigen Verfilmung „300“, von Zack Snyder, hält sich „Roaring Currents“ relativ nah an der historischen Realität, die teilweise noch viel unglaublicher ist als das hier dargestellte.
Wie sieht es aber mit den schauspielerischen Aspekt im Film aus? Hochkarätig ist dieser Streifen ja besetzt, aber wie ich schon am Anfang erwähnt habe, kann man „Roaring Currents“ kaum als richtigen Film zu bezeichnen. So ist schauspielerische Leistung höchstens in der ersten Hälfte des Filmes gefragt – der Einführung. Es geht aber kaum um fein nuanciertes Schauspiel, eher im Gegenteil, man wird mit viel Pathos, Melodramatik, Kitsch und platten Schauspiel überzogen. Das alles schrammt haarscharf am Erträglichen vorbei und ist wirklich nur zweckmäßig, um die Rahmenhandlung für die Schlacht zu umreißen. Choi Min-Sik macht natürlich seine Sache gut, sprich er verkörpert den Admiral perfekt und hält mit einigen anderen Darstellern die Flagge des soliden Schauspieles hoch, auch wenn diese von unzählig schlecht gespielten Nebenfiguren begleitet werden. Anderseits ist in diesen Streifen auch kaum Platz für großartiges Schauspiel. Einige gute Schauspieler sind somit mit ihrem großartigen Talent vollkommene Verschwendung und Perlen vor die Säue.
„Roaring Currents“ ist kein filmisches Meisterwerk, aber ein meisterlich visualisiertes historisches Ereignis. Des Weiteren wird dieses Werk Admiral Yi Sun Shin gerecht und ehrt ihn für seine unglaubliche Leistung. Für den interessierten Zuschauer, der sich auch für Geschichte Abseits Europas interessiert ist dieser Film auf jeden Fall allemal einen Blick wert, auch weil „Roaring Currents“ trotz seiner erwähnten Unzulänglichkeiten und Schwächen nicht langweilig ist. Allein die Seeschlacht hat genügend Energie um einige Zuschauer mitreißen zu dürfen, sofern sie die etwas schwülstige Einleitung überstanden haben.