„26 Years Diary“ ist Kitsch in seiner reinsten Form, wie es das japanische Publikum am liebsten in Massen konsumiert. Dennoch wenn man kein absoluter Zyniker ist muss man zugeben, dass es kein schlecht gemachter Kitsch ist. Die Menschlichkeit die die übertriebene Gutmenschenseele der koreanischen Hauptfigur ausstrahlt, tut gut, die schönen Bilder laden den Zuschauer zum Schwelgen ein, die seichte aber ausdruckstarke Musik zum Träumen und die zarte Liebesgeschichte lädt wiederum zur Hoffnung ein.
Trotz all dieser formalhaften Huldigung des Kitsches, setzt sich der japanische Regisseur Junji Hanado, mit der durchaus belasteten Beziehung zwischen den koreanischen und japanischen Volk auseinander, was so in der Form selten in einen Film zu sehen ist, noch viel weniger von Seiten eines japanischen Filmemachers und das verdient Respekt. Junji Hanado zeigt in seinen Film den latenten Rassismus in seinen Lande auf und die fehlende Zivilcourage – diese Themen sind jetzt nicht permanent im Film vorhanden, aber wenn sie vorkommen bringt Junji Hanado in ihnen seinen Ekel, seine Enttäuschung und seine Kritik an seinen eigenen Land zum Ausdruck. Er bringt dieses Thema in seinen fast klassischen Liebesdrama gut unter, was darum funktioniert weil es eben eine Geschichte von einem Koreaner ist der völlig unvoreingenommen Japan entdecken und lieben will, aber hier und da ausgegrenzt und enttäuscht wird, was Junji Hanado sehr gut rüber bringt. Der ganze Film beruht lose auf einen wahren Vorfall aus dem Jahre 2001, in welchen eben der 26 Jahre alte koreanische Student Lee Soo Hyun, gespielt von Lee Tae-Sung, versuchte einen Fremden auf der Gleise vor einen nahenden Zug zu retten und dabei starb. Interessant dabei ist dass sich Regisseur Junji Hanado hierbei mit der Familie von Lee Soo Hyun, dessen Freunde und auch den Hauptdarsteller Lee Tae-Sung selber zusammengesetzt hat und sie über ihre Erfahrungen und Eindrücke von Japan interviewt hat. Diese Erfahrungen hat er dann zum großen Teil in sein Drehbuch mit einfließen lassen.
Das Ganze stört eigentlich so gut wie niemals das permanente Wohlfühlgefühl des Filmes, eher im Gegenteil es relativiert nach und nach ein wenig den manchmal etwas ausufernden Kitsch, sowie die oberflächliche Charakterzeichnung so mancher Figuren.
Die wahre Stärke von „26 Years Diary“ sind aber seine Bilder. Der ganze Film setzt sehr stark auf seine schöne Optik und das zurecht, denn hier hat man sich sehr viel Mühe gegeben, sprich man hat hier auch kaum was den Zufall überlassen, so dass die Aufnahmen ganz gezielt arrangiert worden sind, um eine greifbare Atmosphäre zu schaffen. So rahmen die Bilder des Filmes am laufenden Band wunderschöne Momente ein, die mal von seichter Klaviermusik untermalt wird oder eben von den musikalischen Einlagen unserer musizierenden Hauptfiguren. Man rückt mit der Cinematografie Japan in ein recht gutes Licht, auch wenn der Fokus ein wenig zu stark auf Tokyo liegt, denn von mir aus hätte man weitaus mehr vom ländlichen Japan rüberbringen können, welches unsere Hauptfiguren auf einer Fahrradreise erkunden, desweitern wird noch ein wenig die zweitgrößte südkoreanische Stadt Busan in Auszügen am Anfang dargestellt, was mir insofern sehr gut gefallen hat da selbst das eigene südkoreanische Kino zu sehr auf Seoul fixiert ist.
Wo hingegen der Film ein wenig schwächelt ist leider seine Schauspielerperformance. Großartige schauspielerische Leistung ist in „26 Years Diary“ nicht zu erwarten und teilweise schlittern so manche Schauspieler mit ihren schon fast hysterischen Spiel sehr nahe am nervigen Overacting vorbei, insbesondere was die männlichen japanischen Darsteller betrifft. Lee Tae-Sung der die Rolle des koreanischen Austauschstudenten Lee Soo Hyun spielt, stellt den perfekten Sohn und überhaupt den vor positiver Lebensenergie strahlenden Sunny-Boy, mit einen steten Lächeln, welches einen manchmal einfach zu viel des Guten ist, ganz gut da – es ist eher sein etwas zu idealisierter gezeichneter Charakter der einen als Zuschauer zu schaffen macht und anscheinend selbst Lee Tae-Sung an seine Grenzen bringt, denn manchmal wirkt sein Dauergrinsen schon fast verkrampft. Miho Yoshioka welche die weibliche Hauptrolle Osima Asako spielt, macht in erster Linie optisch eine gute Figur, wobei sie ihren Schmollmund etwas Inflationär einsetzt, ansonsten ist sie wie gesagt ganz nett anzusehen und liefert im Gegensatz zu den meisten anderen japanischen Darstellen die solideste Performance. Die diversen Nebendarsteller im Film erfüllen eher ihren Zweck, als das sie durch ihre Auftritte glänzen. In allgemeinen dürfte für alle Schauspieler im Film aber auch das Problem gewesen sein das die Figuren alle ein wenig überzeichnet waren, sprich dezentes Spiel war hier auch niemals gefragt – jede Figur soll einfach wie die Bilder, Musik usw. eine bestimmte Stimmung erzeugen.
„26 Years Diary“ bekommt von mir satte sechs von zehn Punkte und schlittert aufgrund seinen etwas zu hohen Kitschfaktors und seinen zu weilen etwas hysterischen japanischen Schauspielern nur knapp an den Sieben Punkten vorbei. Ansonsten ist der Film sehr formelhaft inszeniert worden um den Zuschauer angenehm einzulullen und sowas braucht man auch hin und wieder mal. Von den diversen Co Produktionen zwischen den beiden Filmländern Korea und Japan, ist aber „26 Years Diary“ auf jeden Fall einer der sehenswerteren, allein schon aufgrund der erwähnten kritischen Herangehensweise des Regisseur Junji Hanado, aber an Filme wie
„Oishii Man“ und ganz zu schweigen den kleinen Meisterwerk
„Asako in Ruby Shoes“ reicht er nicht ansatzweise heran.