Kurzbeschreibung/Waschzettel
Nachdem er in "Shenzhen" seinen Aufenthalt in der chinesischen Sonderwirtschaftszone verarbeitet hat, beschreibt Guy Delisle in dem Nachfolgeband "Pjöngjang" seine Reise in eines der isoliertesten Länder der Welt: Nordkorea. Hier arbeitete er zwei Monate lang als Supervisor für eine französische Trickfilmproduktion.
Mit George Orwells Klassiker "1984" im Gepäck tritt der frankokanadische Comicautor seinen Dienst an in einem Land, in dem man Orwells Albtraumszenario an der Wirklichkeit messen kann. In detaillierten Zeichnungen berichtet Guy Delisle von Menschen, die nachts von der Stromversorgung abgeschnitten sind, während die Monumente der Il-Sung-Dynastie leuchtend hell erstrahlen. "Pjöngjang" ist weniger ein klassischer Reisebericht als der beeindruckende Versuch, einen Blick hinter staatliche Inszenierung und kulturelle Schranken zu werfen – ein Comic, der angesichts der politischen Entwicklungen an Aktualität kaum zu übertreffen ist.
Guy Delisle, geboren 1966 in Quebec, hat für viele Zeichentrickfilmstudios in Kanada und Europa gearbeitet und lebt derzeit in Frankreich. Seine autobiografischen Arbeiten "Shenzhen" und "Pjöngjang" nennt die Presse in einem Atemzug mit Marjane Satrapis "Persepolis".
Autorenportrait
Guy Delisle wurde 1966 in Quebec geboren und studierte ab 1984 plastische Kunst in Toronto. Von 1986 bis 1988 hat er für das Zeichentrickstudio CinéGroupe in Montréal gearbeitet, anschließend ging er nach Europa und arbeitete bei verschiedenen Studios in München, Berlin und Valencia. Seit 1991 lebt und arbeitet Guy Delisle in Montpellier.
Bereits während seiner Studienzeit veröffentlichte Guy Delisle erste Comics und nahm darüber hinaus auch an verschiedenen Ausstellungen teil. Nach einigen Jahren, in denen er sich vor allem dem Zeichentrickfilm widmete, erwachte die Lust an Comics wieder und er veröffentlichte diverse Comic-Alben bei L´Association: "Réflexion" (1996), "Aline et les autres" (1999) und schließlich "Shenzhen" (2000), das im September 2005 bei Reprodukt in deutscher Sprache erscheint. Nachdem seine beiden ersten Bücher noch der Erkundung der formalen Mittel des Mediums Comic gewidmet waren, erzählt er in "Shenzhen" in autobiographischen Vignetten von einem längeren Aufenthalt in der chinesischen Metropole, in die es ihn verschlagen hat, um die Produktion einer Zeichentrickserie zu beaufsichtigen. Mit einem besonderen Augenmerk auf die alltäglichen Rituale präsentiert der Autor in "Shenzhen" ein modernes China und findet einen eigenen Blickwinkel auf die kulturellen Unterschiede zur europäischen Lebensweise. Mit "Pjöngjang" hat Guy Delisle kurz darauf ein weiteres Buch bei L´Association vorgelegt, in dem er auf ähnliche Weise seine ungewöhnlichen Erlebnisse in der nordkoreanischen Hauptstadt festhielt. Guy Delisles Zeichenstil ist einfach und markant – überflüssige Details wird man in seinen Büchern vergeblich suchen.
Von 2001 bis 2004 veröffentlichte Guy Delisle bei Dargaud die Serie "Inspecteur Moroni" um einen tollpatschigen aber gutmütigen Polizeiinspektor. Bei Delcourt ist Ende 2005 in der von Lewis Trondheim herausgegebene Reihe "Shampooing" mit "Louis au ski" ein charmantes Album ohne Worte erschienen.
Fazit
Ich bin an diesem Comic mit sehr großen Vorbehalten rangegangen. Zum einen lag es natürlich an der mehr als zweckmäßigen sowie unterdurchschnittlichen Zeichnung und zum anderen hatte ich die Befürchtung, dass dieses Comic sich über die Missstände eines Landes lustig macht und das Ganze von oben herab recht arrogant belächelt.
Die erste Befürchtung wurde beim lesen nicht besser, denn die Zeichnung war wirklich nur zweckmäßig und mehr nicht. Keines der Bilder war in irgendeiner Weise ästhetisch oder schön, es sollte einfach nur das Erzählte darstellen und die Situationen sowie diverse Gefühle abbilden. Auch wenn das Ganze in karitativen Zeichenstil gehalten ist, ist das keine Entschuldigung für diese sehr sehr schlichte Zeichnung, die mit zu der aller niedrigsten Qualität gehört. Die schlimmste Befürchtung dass das Comic sich irgendwie auf Kosten von anderen Scherze erlaubt, hat sich Gott sei dank aber nicht bewahrheitet und es stellte sich eher genau das Gegenteil heraus. Guy Delisle zeigt uns den traurigen und tristen Alltag in Nordkorea, den er dort erlebt hat.
Das Nordkorea einer der größten Zeichentrick-Kapazitäten der Welt geworden ist, durch seine sehr niedrigen Produktionskosten, so dass Amerikaner und sonstige westliche Filmschmieden ihre Filme zum Teil dort billig produzieren lassen, dürfte einigen bekannt sein. Guy Delisle der als solcher diese Arbeit für sein ausländisches Unternehmen koordiniert, verschafft uns interessante Einblicke in diesen abgeschotteten Staat. Dabei wirkt seine Darstellung des Erlebten selten überzogen, sondern eher resigniert über den dortigen Zustand den er begegnet ist. Natürlich kann er uns nur das Bild eines Ausländers bzw. eines Gastes zeigen, welcher von Volk genau so isoliert wird wie das Volk von ihm. Ehrliche Kontakte zu Nordkoreanern sind nicht möglich und die Trennlinie zu der dort lebenden Bevölkerung ist schlicht und ergreifend unüberwindbar, in seinen Comic dargestellt. Was besonders deutlich in diesem Buch hervorgehoben wird ist die ständige Allgegenwärtigkeit des Diktators Kim Jong-il. Guy Delisle kann diesen in seinen monotonen Tagesablauf einfach nicht entkommen, egal was er tut. Dem lächelnden Gesicht des großen Führers Nordkoreas begegnet unser Autor in jeden Raum, auf jeder Straße, bei jeder Person als Anstecknadel usw. , aber selbst wenn er die Augen schließen würde, bekommt er ständig irgendwelche Zitate vom großen Führer präsentiert, oder irgendwelche selbst komponierten Lieder von Kim Jong-il. Die komplette Wahrnehmung des Landes scheint nach Darstellung von Guy Delisle nur dich einen „Kim Jong-il-Filter“ zu laufen. So präsentiert sich das Ganze Land natürlich irgendwie sehr falsch und unecht. Somit sind die ehrlichen Gefühlsregungen seitens der Nordkoreaner auch mit das schönste im ganzen Buch, wenn sie mal kurz zum Vorschein kommen, denn viele sind es nicht. Ansonsten zeichnet uns Guy Delisle das Bild einer abgeschotteten, abstrakten Welt wo einiges im Argen liegt.
Die Sicht seiner Dinge ist natürlich subjektiv, aber trotzdem versucht er niemals uns aufdringlich seine Meinung unterzujubeln, Ganz im Gegenteil, er versucht einfach nur seinen Aufenthalt so zu schildern wie er ihn empfunden hat. Insofern ist wohl sein Buch einer der interessantesten Einblicke die es bis jetzt über Nordkorea gibt, denn Fotos und Filme in Nordkorea zu machen ist eine heikle Angelegenheit und das erlebte als Comic zu schildern ist eine raffinierte Idee, im Falle Nordkoreas. Im Großen und Ganzen ist das geschilderte aber sehr eintönig und langweilig, Guy Delisle schreibt schließlich selber dass der Aufenthalt dort mehr als monoton war und so ist dann schließlich auch das ganze vorliegende Werk. Wer hier Unterhaltung sucht wird diese nicht finden, aus dem einfachen Grund da Guy Delisle kaum welche in Nordkorea erlebt hatte.
Dieses Buch kann man daher auch nur wirklich interessierten Leuten anbieten, da es sich eigentlich nur durch seine Einmaligkeit in der Thematik auszeichnet, aber ansonsten kaum nennenswerte Qualitäten zu bieten hat.
Kurzbeschreibung/Waschzettel, Autorenportrait und Bilder von deutschen Verlag REPRODUKT
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Buchtitel: Pjöngjang
Autor: Guy Delisle
Verlag: REPRODUKT
Jahr: 2007 Seiten: 184 ISBN: 978-3-938511-31-2
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Besucher-Wertung
Note: 5 - Votes: 1
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Geschichte
Schreibstil
Zeichnung
Layout
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